Interview mit Max Gansberger

Gibt es eine Erfahrung oder ein Ereignis, das dein Leben nachhaltig verändert hat?

Ja, die Gründung von circulART MATERIALHALLE hat mein Leben grundlegend verändert. Die Erfahrung, wie viel Material im Kulturbetrieb nach oft kurzer Nutzung weggeworfen wird, hat mir deutlich gemacht, wie wichtig es ist, Verantwortung für unsere Ressourcen zu übernehmen. Durch die Arbeit mit der Materialhalle habe ich nicht nur meinen beruflichen Fokus geschärft, sondern auch privat begonnen, vieles zu hinterfragen und nachhaltiger zu handeln.

Was würdest du in der Welt gerne verändern?

Ich würde mir wünschen, dass wir aufhören, Dinge und Ressourcen als „Wegwerfprodukte“ zu sehen. Es braucht ein Umdenken – weg von der schnellen Verfügbarkeit und hin zu Wertschätzung, Pflege und Wiederverwendung. Und das nicht nur im Konsum, sondern auch in unseren Denkmustern.

Was ist das Beste an deinem Beruf/deiner Tätigkeit?

Das Schönste ist, dass ich kreative Prozesse mit nachhaltigem Denken verbinden kann. Ich liebe es, Räume zu schaffen, in denen andere sich inspirieren lassen, Materialien neu entdecken und gemeinsam an etwas Größerem arbeiten. Die Begegnungen mit Künstler:innen, Handwerker:innen und Kulturschaffenden geben mir Kraft – besonders, wenn ich sehe, wie durch circulART neue Kooperationen und Projekte entstehen.

Auf welche Veränderungen hoffst du in der Zukunft – sei es gesellschaftlich, menschlich, technisch etc.?

Ich hoffe auf mehr Mut zum Experimentieren, auf gesellschaftliche Strukturen, die Fehler und Umwege zulassen – besonders im Umgang mit Ressourcen. Technisch wünsche ich mir Innovationen, die nicht auf Wachstum, sondern auf Kreisläufe ausgelegt sind. Und menschlich wünsche ich mir ein stärkeres Miteinander, gerade in Zeiten der ökologischen und sozialen Herausforderungen.

Was findest du im heutigen Leben besonders schwierig im Zusammenhang mit dem Thema Nachhaltigkeit?

Oft ist Nachhaltigkeit noch mit einem hohen Aufwand verbunden – finanziell, zeitlich oder organisatorisch. Und viele nachhaltige Lösungen sind leider nicht für alle zugänglich. Gleichzeitig ist das Angebot unübersichtlich – und der Druck, alles „richtig“ zu machen, kann auch lähmen. Dabei geht es gar nicht um Perfektion, sondern um machbare Schritte im Alltag.

Wie beeinflusst der Wunsch nach einem nachhaltigeren Leben deinen Alltag?

Mein Alltag ist stark davon geprägt. Ob ich Materialien für ein Bühnenbild auswähle, ob ich einen Transport plane oder einen Workshop vorbereite – ich frage mich ständig: Was gibtes schon? Was kann ich wiederverwenden? Was muss wirklich neu sein? Auch privat versuche ich, möglichst ressourcenschonend zu leben, ohne dabei dogmatisch zu werden. Nachhaltigkeit darf auch Freude machen.

Was passiert in Graz in Sachen Nachhaltigkeit im Kunst- und Kulturbereich?

In Graz entstehen gerade viele spannende Initiativen – von Projekten der freien Szene über nachhaltige Ausstellungen bis hin zu Kooperationsnetzwerken wie unserem. Die Idee der Kreislaufwirtschaft findet langsam auch im Kulturbereich Anklang. Aber es braucht noch mehr strukturelle Unterstützung, mehr Sichtbarkeit und vor allem: Räume für gemeinsames Handeln und Experimentieren.

Was würdest du Menschen raten, die nicht viel Zeit und Geld haben, aber dennoch nachhaltig leben möchten?

Fang klein an. Nutze, was da ist. Teile, repariere, tausche. Oft ist das, was wir brauchen, bereits vorhanden – in der Nachbarschaft, im Bekanntenkreis oder auf digitalen Plattformen. Nachhaltigkeit heißt nicht, alles perfekt zu machen – sondern bewusster zu entscheiden. Jeder Schritt zählt, auch wenn er noch so klein erscheint.

Was sollte deiner Meinung nach im Kunst- und Kulturbereich umgesetzt werden, um den Bereich nachhaltiger zu gestalten?

Es braucht ein Umdenken in der Produktion – weg vom Einwegdenken hin zu wiederverwendbaren Bühnenbildern, flexiblen Ausstellungssystemen und offenen Materialpools. Förderstrukturen sollten nachhaltiges Arbeiten belohnen, nicht erschweren. Und wir brauchen mehr Orte wie die circulART MATERIALHALLE, wo Reststoffe sinnvoll weiterleben dürfen.

Wenn du eine Ausstellung zum Thema Nachhaltigkeit im Kunst- und Kulturbereich besuchen würdest, was würdest du dir wünschen?

Ich würde mir wünschen, dass die Ausstellung nicht nur informiert, sondern inspiriert. Dass sie zeigt, wie viel Schönheit, Poesie und Kraft im Weiterverwenden steckt. Dass sie Fragen stellt, statt Antworten vorzugeben – und die Besucher:innen aktiv einlädt, mitzudenken, mitzugestalten und Verantwortung zu übernehmen.

Zum Abschluss nun: Welches Tier wärst du gerne?

Ich glaube, ich wäre gerne ein Rabe – neugierig, verspielt, ressourcenschlau und mit einem besonderen Blick auf die Dinge, die andere vielleicht übersehen.

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